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Unterwegs mit Maja Hoock
Maja Hoock ist Journalistin in Berlin und hat als Redakteurin für die Magazine „Fräulein“ und „L’Officiel Hommes“ unter anderem Reise-Reportagen geschrieben. Sie machte auch Beiträge für ZDFinfo, rbb, das Goethe-Institut, VICE und BILD-Online, vor allem zu den Themen Internet und Technik. So ist sie bei einer Recherche auf das digitalste Land Europas gestoßen: den spannenden Ex-Sowjetstaat Estland.
Als ich das erste Mal nach Tallinn kam, gefiel mir, dass überall mein Name stand. „Maja“ heißt auf Estnisch „Haus“. Trotzdem mochte ich die Stadt nicht gleich.
Es war dunkler Winter und die Kassiererinnen im Laden wollten nicht einmal müde lächeln. Einmal fragte ich eine Frau nach dem Weg. Sie antwortete nicht. Ich war frustriert und die Finger schmerzten bei minus 15 Grad. Doch dann gab sie mir zu verstehen, ihr zu folgen. Schweigend gingen wir nebeneinander, bis wir vor meinem Ziel standen. Sie ging in die entgegengesetzte Richtung davon. Offenbar musste sie ganz woandershin. Solche netten Gesten sind mir dort ständig begegnet.
Als ich im Sommer wieder nach Tallinn reiste, fand ich eine andere Stadt vor. Statt in Eis und Dunkelheit war alles in grelle Farben getaucht und die Sonne ging kaum unter. Und ich mochte die Stadt am Meer mit ihren stillen Bewohnern unheimlich gerne.
Vielen Dank an Mall Oja für die stille Freundlichkeit.
Orientiert in Tallinn
Stadt und Stadtviertel
Im Norden Estlands an der Ostsee gelegen, strebt Tallinn nicht nur geografisch Richtung Finnland. Auch das Stadtleben zeigt sich skandinavisch-westlich und trotz der historischen Gemäuer supermodern.
UNESCO-Weltkulturerbe
Als „außergewöhnlich gut erhaltenes Beispiel einer mittelalterlichen nordeuropäischen Hansestadt“ wurde die Tallinner Altstadt 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. 2011 war Tallinn Kulturhauptstadt Europas.
Ta- was?!?
Wenn Sie keine Ahnung haben, wo Tallinn liegt, sind sie damit nicht allein. Die wenigsten wissen, dass die estnische Hauptstadt im Nordosten des europäischen Festlands liegt und nur durch 60 Kilometer Ostsee von Helsinki getrennt wird. Auch Russland ist nicht weit: Mit dem Auto sind es nur fünf Stunden bis nach St. Petersburg.
Jahrhundertelang kämpften die Großmächte des Nordens um die Stadt, wobei lange Russland die Oberhand behielt. Heute spricht noch fast die Hälfte der Stadtbewohner Russisch und die Schilder auf öffentlichen Plätzen gibt es auch in kyrillischer Schrift.
Seit der Unabhängigkeit von 1991 hat sich Tallinn neu erfunden. Es ist heute ein ganz eigener Mix aus baltisch, skandinavisch, modern und uralt.
Die Stadt mit den 430.000 Besuchern besteht aus acht Stadtteilen, die sich am Meer entlang und landeinwärts um den großen Ülemiste-See gruppieren. Diese wiederum gliedern sich in 84 Bezirke (asumid). Neben den zentralen Stadtteilen gibt es in Tallinn viele ruhige Wohnviertel in den Waldgebieten am Stadtrand und am Wasser.
Das Herz der Stadt
Insgesamt zählen 21 Bezirke zur Tallinner Innenstadt (Kesklinn), in denen rund 50.000 Einwohner leben. Die Fläche erstreckt sich über 30 km², wovon 9 km² allein der Ülemiste-See einnimmt.
Im 11. Jahrhundert wurde auf dem Domberg der Grundstein Tallinns gelegt. Noch heute ist der Toompea Zentrum der Stadt. Er war und ist Regierungssitz. Unterhalb dieser sogenannten Oberstadt wuchs im Mittelalter eine lebendige Unterstadt heran, die aus verschlungenen Gassen, Kaufmannshäusern, Kirchen und Plätzen besteht. Die All-linn war eine eigene Stadt und bis ins 19. Jahrhundert von der Oberstadt getrennt. Noch heute umgibt sie die mittelalterliche Stadtmauer mit 26 Türmen. Toompea und All-linn bilden gemeinsam Vanalinn, die Altstadt. Hier finden sich die meisten bekannten Sehenswürdigkeiten: das Rathaus, der Wehrturm Kiek-in-de-Kök, das Schloss Toompea u. v. m.
Südlich an die Altstadt grenzt Südalinn rund um den Verkehrsknotenpunkt Viru. Direkt daneben glänzen die Hochhäuser des Bezirks Maakri sowie das neue Rotermann-Viertel, wo einem ehemaligen Industriegelände neues Leben eingehaucht wurde. Ein Stück weiter nördlich liegt das Hafenviertel Sadama mit dem Passagierhafen sowie im Osten das grüne Park- und Schlossviertel Kadriorg.
Im Umkreis der Altstadt
Neben der Altstadt ist Põhja-Tallinn im Norden das älteste Viertel der Stadt. Es liegt an der Tallinner Bucht, war ursprünglich der Stadtteil der Fischer und ist durch historische Holzhäuser und Parks gekennzeichnet. Der dazugehörige Distrikt Kalamaja ist mit seinen vielen jungen Künstlern heute der angesagteste der Stadt; Kopli ein Stück weiter westlich hat noch mit Armut zu kämpfen, ist aber nicht weniger interessant.
Südwestlich vom Zentrum liegt der Stadtteil Kristiine. Er besteht aus Einfamilienhäusern und vier historischen Parks: Charlottental, Cederhilm, Dunten und Löwenruh. Insgesamt leben hier 30.000 Menschen.
Am Rande Tallinns
Pirita, der Ferienort der Stadt, erstreckt sich mit weißen Sandstränden und Kiefernwäldern entlang der Ostseepromenade im Nordosten und beherbergt einen Jachthafen und viele teure Villen.
Den westlichen Rand Tallinns markiert Haabersti. Der langgezogene Stadtteil wird von Ostseestränden auf der einen Seite und dem Harku-See auf der anderen Seite begrenzt. Hier liegen ein großes Freilichtmuseum, der Tallinner Zoo sowie der Ferienort Rocca al Mare.
Südwestlich davon liegt Nõmme. Im 19. und 20. Jahrhundert entstand der Ort mit den Holzvillen rund um das Schloss des exzentrischen Adligen Nikolai von Glehn. Noch heute fährt man gerne nach Nõmme, um die Ruhe und die Natur zu genießen.
Sowjetisches Erbe
In der Zeit der sowjetischen Besetzung entstanden große Plattenbausiedlungen in Tallinn. Diese sind heute die beiden bevölkerungsreichsten Teile der Stadt. Lasnamäe, die Trabantenstadt im Nordosten, ist das Zentrum des russischen Lebens in Estland: Über 70 Prozent der Bewohner sind nach vorsichtigen Schätzungen russischstämmig.
Mustamäe im Südwesten beherbergt ca. 66.000 Einwohner - auf 8 km². Im kleinsten Stadtteil haben heute nicht nur die Technische Universität und das Deutsche Gymnasium ihren Sitz, sondern auch das international erfolgreiche Internet-Telefonie-Unternehmen Skype.
Sightseeing-Klassiker
Tallinns Altstadt wurde von Kriegsschäden verschont, und dementsprechend viele historische Sehenswürdigkeiten gibt es zu entdecken. Touristen, die nur kurz in der Stadt sind, beschränken sich meist auf die Wahrzeichen. Praktischerweise liegen diese so dicht beieinander, dass sie zu Fuß erreichbar sind.
Hauptschlagader der Stadt
Quer durch die Unterstadt verbindet die Pikk-Straße den Altstadthafen mit dem Domberg. Zwischen den bunten Fassaden finden sich die imposanten Gildehäuser, Kirchen, Museen und Geschäfte.
In der Unterstadt
Altes Rathaus: Der schlanke Turm des steinernen Rathauses (1402) steht im Zentrum der Altstadt am Marktplatz und bietet einen Rundumblick über ihre Gassen und Sehenswürdigkeiten. Die Turmglocke ist eine der ältesten des Baltikums; die Spitze des 64 Meter hohen Turms krönt ein Wahrzeichen Tallinns: die Figur des „Alten Thomas“ (Vana Toomas). → Tour 1
Stadtmauer: Besonders stolz sind die Tallinner auf ihre zwei Kilometer lange Stadtmauer. Sie bildet besonders am Abend eine romantische Kulisse, wenn die gelbliche Beleuchtung die grobe Struktur zur Geltung bringt. Die gut erhaltene Mauer zählt zu den größten Stadtbefestigungen in Europa. → Tour 1
Katharinengang: Das mittelalterliche Gelände des Katharinenklosters liegt etwas abseits der Straße und sieht derart verwunschen aus, dass dort unter anderem Szenen für „Der Name der Rose“ gedreht wurden. Eine Gasse mit einem Dach aus überspannenden Querstreben, der Katharinengang, führt über das Areal des ehemaligen Dominikanerklosters. → Tour 1
Kiek in de Kök: Hinter dem Freiheitsplatz ragt ein Geschützturm in die Höhe: Sein Name „Kiek in de Kök“ stammt aus deutscher Zeit und heißt „Guck in die Küche“. Zu seiner Entstehungszeit 1475 konnte man von dem 38 Meter hohen Kanonenturm in die Küchen der Bürger der Unterstadt blicken. Interessant ist auch der Abstieg in die Bastionsgänge unter dem Turm. → Tour 1
In der Oberstadt
Alexander-Newski-Kathedrale: Der rot-weiße Prachtbau mit den Zwiebeltürmen ist schon von Weitem auf dem Domberg zu sehen. 1900 erbaut, sollte das russische Machtsymbol 24 Jahre später bereits wieder abgerissen werden - dann ging jedoch das Geld aus. Heute freut man sich über das Wahrzeichen auf dem Domberg, wo sich auch das Regierungsviertel und zahlreiche Aussichtsplattformen befinden. → Tour 2
Tallinner Dom: Die weiße Domkirche sieht von außen schlicht aus, hat aber innen einiges zu bieten: Vermutlich war der Bau, der 1219 errichtet wurde, sogar die erste christliche Kirche auf estnischem Festland. Es lohnen sich eine Führung und der Blick vom Kirchturm über Tallinn. → Tour 2
Rotermann-Viertel: Östlich der Altstadt nahe dem Altstadthafen liegt dieses Viertel, das ein herausragendes Beispiel moderner estnischer Architektur ist. Es entstand in den letzten Jahren um einen denkmalgeschützten Kern aus Kalksteinhäusern - früher wichtige Industriegebäude. Heute befindet sich hier das Zentrum der kreativen Business-Szene: avantgardistische Glasgebäude neben aufbereiteten Industriebauten aus dem 19. Jahrhundert, bevölkert von Tech-Schickeria mit MacBooks. → Tour 4
Außerhalb der Altstadt
Schloss Kadriorg: Das strahlend rote Barockgebäude mit dem grünen Dach, Deckengemälden und Stuck wurde 1718 als Sommerresidenz des Zarenpaares gebaut. Im Schloss befindet sich heute das Eesti Kunstimuuseum mit der größten Sammlung russischer, deutscher, französischer und niederländischer Malerei in Estland. Umgeben wird das Schloss von einem schönen Parkensemble. → Tour 5
Sängerfestwiese: Für die Tallinner hat das Sängerfest auf dem historischen Platz im Nordosten eine ganz besondere Bedeutung: 1988 demonstrierten über 200.000 Menschen auf der Wiese singend gegen die Sowjetherrschaft. Im Fokus standen estnische Volkslieder. Das Fest erinnert noch heute alle fünf Jahre an diese Singende Revolution, die Estlands Weg in die Unabhängigkeit begleitete. → Tour 5
Fernsehturm: Der monumentale 80er-Jahre-Bau wurde anlässlich der Olympischen Sommerspiele errichtet. Mit einem superschnellen Aufzug geht es direkt in die Ausstellung, von der aus man durch Bodenfenster in die Tiefe schauen kann. → Tour 6
Freilichtmuseum Rocca al Mare: Die nachgebauten Siedlungen im Wald bestehen aus historischen Gebäuden, die zum Teil an der Ostseeküste liegen. Es gibt neben den hölzernen Wohnhäusern und Fischerhütten aus ganz Estland auch eine Feuerwache, eine alte Dorfschule sowie ein originalgetreues Restaurant. Ein echter Tante-Emma-Laden verkauft Brause und bunte Bonbons in den Verpackungen der 30er-Jahre. Das Museum gibt es schon seit den 1950ern. → Ausflüge in Tallinn
Sightseeing-Alternativen
Die schönsten Orte sind oft die, die sich nicht auf den ersten Blick aufdrängen. In Tallinn stößt man auch ohne festes Ziel beim Spazieren auf Museen, Strände oder Parks abseits ausgetretener Pfade. Dort findet man übrigens auch die Einheimischen, die die volle Altstadt meiden.
Eine Insel in der Innenstadt
Die Insel Aegna gehört offiziell zum Innenstadtgebiet, ist aber mit ihren dichten Wäldern und wilden Stränden alles andere als städtisch - hier leben nur sechs Menschen. Vom Hafen in Viimsi kann man sie in wenigen Minuten erreichen.
Spuren der Vergangenheit
Weckengang: Vom belebten Rathausplatz führt hinter der Ratsapotheke ein kleiner Durchgang zur Einkaufsstraße Pikk. Er wurde im 14. Jahrhundert nach der angrenzenden Backstube „Saiakang“ (Weckengang) getauft. Geht man hindurch, stößt man direkt auf ein kleines rotes Haus, das kleinste Bürgerhaus Tallinns. Links davon kann man im historischen Café Kehrwieder Schach spielen und lesen. → Tour 1
Sowjetmonument: Spitz zulaufende Flächen aus Dolomit, durchbrochen von schwerem, dunklem Stahl: Das monumentale Denkmal mit Blick über den Strand und das Meer vor Pirita löst direkt Gänsehaut aus, wenn man es von Weitem erblickt. → Tour 6
Linnahall: Trotz der Sowjetarchitektur wirkt die ehemalige Konzerthalle beinahe verspielt. Überall gibt es in dem grauen Riesen am Meer versteckte Nischen und Plattformen auf dem flachen Dach, wo sich am Abend Teenager und Pärchen zum Musikhören und Weintrinken treffen. Die Sonnenuntergänge sind von hier spektakulär. → Tour 3
Hippe Hotspots
Markt am Baltischen Bahnhof: Dieser bunte Markt liegt direkt am „Baltischen Bahnhof“, sprich am Hauptbahnhof, in Kalamaja. 2016 wurde das alte Kalksteingebäude in einen modernen Markt verwandelt. Im Sommer lädt der Geruch von frisch gepflückten Himbeeren, Erdbeeren, wilden Blumen und Pilzen zum Probieren ein. → Tour 3
Telliskivi: Der große Komplex aus Ziegelhallen (telliskivi = Ziegel) voller Graffiti ist das pulsierende Herz des bunten Viertels Kalamaja. In den Gebäuden der ehemaligen baltischen Eisenbahnfabrik verbergen sich heutestylische Vintage- und Designgeschäfte, Künstlerateliers, Cafés, Restaurants und Start-ups. Food-Trucks bieten Bio-Fastfood und Snacks an, während in den Galerien und Theatern der hinteren Hallen täglich Programm stattfindet. → Tour 3
Kultuurikatel: Ein ehemaliges Kraftwerk aus dem Jahr 1913 bietet eine atemberaubende Kulisse aus Beton, Stahlrohren, einer Kesselhalle und 16 Meter hohen Decken. Nach einer aufwendigen Restaurierung wird es als Kulturzentrum genutzt. Der Gasspeicher und der Ziegelschornstein stehen unter Denkmalschutz. 1977 drehte der russische Regisseur Andrei Tarkowski hier einen Teil seines Films „Stalker“, eines Science-Fiction-Klassikers. → Tour 3
Lennusadam: Im ehemaligen Wasserflugzeughangar befindet sich ein stimmungsvolles Meeresmuseum, das komplett in blaues Licht getaucht ist. Die Ausstellung ist so groß, dass man locker ein paar Stunden darin verbringen kann. Man darf alles anfassen und ausprobieren. Besonders eindrucksvoll ist das begehbare U-Boot. → Tour 3
Orte der Ruhe
Waldfriedhof Pirita: Die Sonne scheint durch die Baumwipfel, hier und da gibt es helle Lichtungen, moosbewachsene Steintreppen und kleine, windschiefe Holzbänke neben schlichten Gräbern. Der Friedhof erstreckt sich über 50 Hektar. Viele berühmte Politiker, Künstler und Schriftsteller liegen hier begraben. → Tour 6
Hochstand im Pääsküla-Moor: Am Ende der Hiiu-Straße beginnt im Wald ein zweieinhalb Kilometer langer Holz-Naturpfad durch das Moor, entlang von Bächen, Teichen, wilden Blumen, Gräsern, Beeren und Insekten, die es nur in den nordischen Feuchtgebieten gibt. Auf der Hälfte der Strecke gibt es einen hölzernen Aussichtsturm. Die Stille ist einmalig. → Ausflüge in Tallinn
Nationalbibliothek: Die Nationalbibliothek gehört definitiv zu den tollsten Orten der Stadt und ist ein kleiner Geheimtipp für Regentage. Sie ist für Tagestouristen meist zu weit außerhalb des Zentrums gelegen - obwohl sie nur fünf Gehminuten vom Freiheitsplatz entfernt auf dem Berg Tõnismägi liegt. Dafür ist sie aber immer schön ruhig. → Tour 4
Klosterruine St. Birgitten: Das Kloster liegt am dicht bewachsenen Flussbett von Pirita. Es wurde von 1419 an erbaut und bereits 1577 wieder zerstört. Seitdem trafen sich Pärchen an der Ruine, um an dem romantischen Ort spazieren zu gehen - das belegen alte Briefe. Heute gibt es hier ab und zu Konzerte, bei denen die Ruine mit Fackeln beleuchtet wird. → Tour 6
Essen, Ausgehen & Shopping
Die Esten lieben gutes Essen, Drinks und Design. Deshalb gibt es in Tallinn besonders viele außergewöhnliche Restaurants, Bars und Geschäfte zu entdecken. Sie liegen in mittelalterlichen Gewölbekellern, stylischen Industriedenkmälern oder futuristischen Glasbauten.
Alle Lokale im jeweiligen Viertel werden am Ende der einzelnen Stadttouren ausführlich beschrieben.
Bars, Clubs und andere Nachtleben-Adressen finden Sie im Kapitel „Ausgehen in Tallinn.
Noch mehr Shopping-Adressen stehen im Kapitel „Einkaufen in Tallinn.
Bummeln und Genießen
Da es im Winter lange kalt und dunkel ist, sind Lokale und Geschäfte in Tallinn ausgesprochen gemütlich hergerichtet. Und wo im Winter die Eingänge mit Fackeln beleuchtet sind und innen Kerzen brennen, locken im Sommer Sitzplätze auf dem Gehsteig, und das Leben findet draußen statt. Es macht Spaß, von Türe zu Türe zu gehen und sich von den tollen Lokalitäten überraschen zu lassen. In den meisten Bars gibt es hausgemachte Snacks, und umgekehrt bieten die Restaurants auch Cocktails an. Ketten findet man selten; die Geschäfte sind individuell gestaltet und verkaufen oft Kaffee und Kuchen in hauseigenen Cafés. Ein Streifzug durch Läden und Lokale ist in Tallinn eine echte Alternative zum klassischen Sightseeing. Und wer ob der großen Auswahl nicht weiß, wo er anfangen soll, dem sollen die folgenden Tipps bei der Orientierung helfen.
3 Tipps zum Essengehen
Noa: Gehobenes Restaurant in der Tallinner Bucht, in dem man nicht nur hervorragendes Essen, sondern auch eine überragende Aussicht genießt. Die Küche ist international, dabei aber auch traditionell-estnisch angehaucht. Große Panoramafenster bieten einen unverstellten Blick aufs Meer, die Gerichte werden kunstvoll auf den Tellern drapiert, und das Personal ist freundlich. → Tour 6
III Draakon: Das „Mittelalter-Restaurant“ im Bogengang des Rathauses ist ganz und gar nicht kitschig, sondern wirklich urig: In dem gemauerten Gewölbe gibt es weder elektrisches Licht noch sonst irgendwelche moderne Technik (Handys rauszuholen ist verboten!). Gegessen wird bei Kerzenschein aus Tongeschirr, die Preise sind günstig, und das Essen ist deftig. → Tour 1
Sõõrikukohvik Nõmme: Das Café im idyllischen Ferienort Nõmme serviert süße frittierte Teigringe, die unter Tallinnern legendär sind. Das Gebäck gibt’s auch in großen Kartons zum Kilopreis. → Ausflüge in Tallinn
Zur estnischen Küche, ihren typischen Gerichten und Getränken lesen Sie mehr im Kapitel „Tallinn kulinarisch.
Eine Liste aller Restaurants und Cafés im Überblick finden Sie ab hier.
3 Tipps zum Ausgehen
Frank: Cocktailbar in der Altstadt, in der auch leckere Limonadenkreationen serviert werden. Im angeschlossenen Bistro gibt’s obendrein saftige Burger, Salate und Pfannkuchen.
Koht: Am Tresen der kleinen Hinterhofbar in der Altstadt werden Craft-Biere für jeden Geschmack serviert - vom Schoko-Ale bis zum historisch nachgebrauten Fruchtbier, sogar ein Kreuzberg-Bier ist dabei. Ein großer offener Kamin sorgt für wohlig-warme Atmosphäre.
Paar Veini: Der angesagte Laden in der Altstadt ist nicht nur eine Tapas- und Weinbar, sondern auch Treffpunkt der jungen Musikszene Tallinns. DJs legen am späteren Abend auf, ab und zu gibt es Weinproben, und die Getränke sind günstig und gut.
In Tallinn spielt die Musik buchstäblich an jeder Ecke - mehr zu den bekanntesten estnischen Musikern und Musikfestivals in der Hauptstadt lesen Sie im Kapitel „Musikalisches Tallinn.
3 Shopping-Tipps
Krambude: Der Laden mit dem deutschen Namen hält, was er verspricht. Hier gibt es allerlei Kunsthandwerk, Silberschmuck, aber auch Gewürze und mittelalterlich angehauchte Kleidung. Letzteres erklärt sich durch die Zugehörigkeit zum Mittelalter-Restaurant Olde Hansa. Gekramt wird übrigens nicht bei elektrischem, sondern bei Kerzenlicht.
Tallinn Design House: Das moderne Geschäft im Rotermann-Viertel verkauft ausschließlich Kleidung, edle Ledertaschen und Holzmöbel von Tallinner Designern sowie Naturkosmetik aus regionalen Zutaten.
Biit me records: Der Plattenladen in der Altstadt hat nicht nur eine Riesenauswahl an elektronischer Musik, sondern ist auch Treffpunkt der Tallinner Techno-Szene, veranstaltet Partys und versorgt die Kundschaft beim Shoppen mit Craft-Bier.
Extra-Tipp: Telliskivi Creative City
Der ehemalige Industriekomplex im Herzen des Szeneviertels Kalamaja beherbergt Design-, Einrichtungs- und Naturkosmetikläden, in denen man locker einen ganzen Nachmittag lang stöbern kann. Jeden Samstag findet außerdem ein großer Flohmarkt auf dem Gelände statt.
Die Weißen Nächte
Tallinn im Sommer
Weil es im Winter so gut wie immer dunkel ist und das Leben sich vor allem vor dem Kamin abspielt, kosten die Esten im Sommer jede Sekunde Tageslicht und frische Luft aus. Von Juni bis August zieht sich die Sonne nur für vier Stunden zurück, um mitten in der Nacht wieder aufzugehen. Dann taucht das berühmte nordische Licht alles in strahlende Farben und lässt die Bäume, Blumen und Wiesen so bunt strahlen, dass man zurück in Deutschland das Gefühl hat, als läge ein trüber Schleier über allem. Ständig findet ein neues Musikfestival in und um Tallinn statt, die Theater lagern ihre Bühnen in die Natur aus, man feiert ausgiebig Mittsommer und fährt mit Freunden und Familie auf die Inseln vor der Küste oder aufs Land ins Sommerhäuschen. Denn egal ob arm oder reich, jung oder alt: Jeder kennt zumindest jemanden, der ein einfaches Holzhaus in der Pampa besitzt, in das man sich zurückziehen und grillen kann.
Baden und Surfen in und um Tallinn
Pirita-Strand: Ohne mit der Wimper zu zucken ins kalte Meer zu steigen, ist für die Einheimischen Ehrensache. In der Ostsee schwimmen, segeln oder kitesurfen mit Blick auf Finnland und die Altstadt kann man besonders gut am Pirita-Strand. An der Promenade des größten und beliebtesten Strandes der Stadt trifft man im Sommer viele Inlineskater, Spaziergänger und Sonnenanbeter. Auf zwei Kilometern findet man auch Cafés und Restaurants.
Busse Nr. 1A, 16, 34A und 38 von Viru nach Pirita.
Pikakari-Strand: Der Ostseestrand in der Nähe des Katariina-Piers befindet sich auf einem alten Militärgelände und wird bei den Einheimischen immer beliebter, weil das Wasser schnell tief wird und man gut schwimmen kann. Es gibt einen Volleyballplatz, Umkleidekabinen, Spielgeräte und Toiletten. In der Nähe liegt auch das Schongebiet Paljassaare, in dem man von Hochständen aus Vögel beobachten kann.
Bus Nr. 59 von Balti Jaam nach Pikakari.
Stroomi-Strand: Wer mit Kindern unterwegs ist, hat wahrscheinlich Spaß am Stroomi-Strand im Norden der Stadt. Es gibt eine gute Surfschule, Spiel- und Grillplätze. Der angrenzende Strandpark hat einiges für Sportfans zu bieten: Trainingsmöglichkeiten, Volleyball- und Fußballplätze und die zweieinhalb Kilometer lange Rocca-al-Mare-Promenade zum Fahrradfahren oder Inlineskaten.
Bus Nr. 40 vom Vabaduse väljak (Platz der Freiheit) nach Supelranna. Die Surfschule „Surftown“ bietet auch Anfängerkurse, Infos unter www.surftown.ee.
Harku-Strand: Der Harku-Strand liegt an einem schönen, flachen Badesee im Westen der Stadt. Das Wasser ist wärmer als das der Ostsee, und darum treffen sich dort an warmen Sommertagen viele Familien zum Surfen, Rudern und Minigolfspielen.
Bus Nr. 43 vom Balti Jaam nach Väike-Õismäe.
Baden in Rummu: Eine halbe Autostunde von Tallinn entfernt kann man in einem alten, gefluteten Gefängnis baden. Im Dorf Rummu gelegen und von Wald gesäumt, grenzt glasklares, hellblaues Wasser an einen knallweißen Strand. Der kommt vom angrenzenden Kalksteinbruch, der sich zu einem großen Berg aufgeschaufelt gegen den Himmel abzeichnet. Früher mussten die Häftlinge dort ackern, heute sonnen sich Jugendliche und tauchen in den ehemaligen Gefängnisräumen. Auch das Gelände mit Wachtürmen und stehengelassenen Trucks kann erkundet werden. Ab und zu gibt es Musikfestivals wie 2017 das legendäre Techno-Festival „Into the Valley“, für das Menschen aus der ganzen Welt nach Rummu reisten.
Von Tallinn (Viru) mit dem Bus 146 nach Rummu. Wer zum „Unterwassermuseum“ im gefluteten Gefängnis tauchen will oder eine Übernachtung sucht, wird unter http://paekalda.ee fündig.
Ausflüge auf die Inseln vor Tallinn
Naissaar: Die Insel im Finnischen Meerbusen eignet sich hervorragend für einen Tag in der wilden Natur. Man sollte sich ein Fahrrad mieten, um die weitläufige Insel erkunden zu können und es wieder rechtzeitig zur letzten Fähre zu schaffen. Am besten folgt man einem der ausgeschilderten Wege: Auf dem ehemaligen Militärgelände gibt es Munitionslager, Bombenschrapnelle, einen Leuchtturm und alte Gebäude vom ehemaligen Dorf zu sehen. Die Wege sind sehr sandig, was das Radfahren mehr als anstrengend macht, dafür wird die Insel von schönen Stränden gesäumt. Man kann sich auch eines der historischen Holzhäuser zum Übernachten mieten. Dann hat man es am Abend still und idyllisch, denn außer in den wenigen Ferienhäusern lebt niemand auf der Insel. Tipp: Bringen Sie Grillsachen mit, denn auf der Insel gibt es Feuerstellen mit Blick aufs Meer!
Die Boote fahren vom Hafen am Fischmarkt (Kalaranna 1) und brauchen etwa eine Stunde. Tickets muss man vorher im Internet (www.monica.ee) kaufen, was auf der estnischen Seite gar nicht so einfach ist. Klicken Sie einfach auf den gelben Button „Küsi pakkumist“ auf der rechten Seite, dann gelangen Sie zum Ticket-Shop. Es empfiehlt sich, um 10 Uhr hin und um 18 Uhr zurück zu fahren.

Sommerhaus auf der Insel Naissaar

Prangli: Prangli wird als einzige Insel vor Tallinn noch bewohnt - seit 600 Jahren ohne Unterbrechung. Die Fischertradition ist über die ganze Zeit ein Stück weit erhalten geblieben, und es gibt noch Teile der alten Fischerdörfer zu sehen. Die Bewohner haben sich ihren eigenen Dialekt bewahrt und pflegen noch eine enge Gemeinschaft wie in alten Zeiten. Obwohl es weiße Sandstrände und Wälder gibt, ist die Insel im Sommer schön ruhig und erholsam. Man kann auch übernachten, Saunen mieten und Robben beobachten!
Die Fähre „Wrangö“ fährt vom Hafen von Leppneeme nach Prangli. Um zum Hafen zu gelangen, nehmen Sie von Viru den Bus 1A nach Viimsi keskus. Von dort weiter mit dem V5 nach Leppneeme lasteaed. Von dort sind es noch fünf Minuten zu Fuß. Mehr Infos zu Angeboten auf der Insel gibt es unter www.prangli.com. Abfahrtszeiten unter www.veeteed.com bei „Kelnase - Leppneeme“.
Die Schwarzen Nächte
Tallinn im Winter
Bis auf eine Stunde am Tag dunkel und dazu bitterkalt - der Winter in Tallinn scheint auf den ersten Blick nicht so verlockend. Dabei kommen die roten Dächer der Altstadt erst richtig zur Geltung, wenn sie mit Schnee bestäubt sind. Überall in der Stadt verkaufen Geschäfte Wollpullover, Fellhandschuhe, Mützen und Stiefel. Damit kann man eigentlich gar nicht frieren, selbst wenn minus 20 Grad herrschen. Die Einheimischen besuchen feuerbetriebene Saunen. Restaurants und Kneipen stellen Kerzen und Fackeln auf, und die ganze Stadt ist in einen warmen Schein getaucht. Damit sind die sogenannten Schwarzen Nächte gar nicht mehr so finster, sondern eigentlich sogar sehr gemütlich.
Langlaufen, Ski fahren, Schlittschuh laufen
Langlaufen in Pirita: Langlaufen ist das estnische Joggen im Winter. Am Wochenende schnappt man sich Ski und dann geht es in die Wälder. Touristen können Langlaufkurse machen, zum Beispiel auf den beleuchteten Loipen von Pirita. Dort findet auch regelmäßig die Winterschwimm-Meisterschaft Pirita Open statt.
Dez. bis März, 49 € (29 € für Kinder), Anmeldung unter www.tallinndaytrip.com.
Vimka-Skipark in Viimsi: Hier kann man auf einer kleinen Piste (250 m) Ski fahren, snowboarden und rodeln. Die Ausrüstung gibt es vor Ort zu mieten.
Lubja küla, Harju maakond, www.vimkapark.ee.
Schneepark Nõmme: Neben einer Piste gibt es eine Sprungschanze sowie eine Slalom- und Snowtubing-Bahn. Für etwa 10 Euro pro Stunde kann man sich Ski ausleihen.
Vana-Mustamäe 16, bei Schnee geöffnet von 14 bis 21 Uhr (werktags) und von 10 bis 21 Uhr (Sa/So). Auf www.nommelumepark.ee steht, ob der Schnee ausreicht.
Sängerfestwiese: Mitten in der Stadt kann man mit Blick über die Ostsee skifahren und rodeln. Auf dem historischen Gelände der Sängerfestwiese gibt es ein Wintersportzentrum mit Verleih, zwei Snowtube-Pisten, eine Eisbahn und eine Slalompiste.
Narva maantee 95, www.winterpark.ee.
Eisbahn auf der Harju-Straße: Im Winter wird der Platz unterhalb der Nikolaikirche zur Eislaufbahn, und man kann mitten in der Altstadt mit Blick auf die historischen Fassaden unter Flutlicht seine Runden drehen. Es gibt Musik, heißen Kakao und alles, was man braucht, zum Ausleihen - von Schlittschuhen über Handschuhe bis zu dicken Socken.
Harju 32, Dez. bis März 10-22 Uhr. Eine Stunde 5 € für Erwachsene, 3 € für Kinder und Senioren.

Eis- und Langlauf ist der Esten liebstes Hobby (Prangli Travel)

Glühwein und Herzhaftes am Kamin
Leib Resto ja Aed: In dem Restaurant nahe der Stadtmauer kann man sich am Feuer wärmen und selbstgebackenes Brot („Leib“) essen. Es gibt Lammfelle und herzhaftes Essen wie über offenem Feuer gerösteten Kohl. Uus tn 31.
Seiklusjutte Maalt ja Merelt: Etwas außerhalb des Zentrums kann man in diesem Pub gemütlich am Feuer sitzen. Der für deutsche Ohren komplizierte Name kommt von einer Abenteuerbuch-Reihe, die man in jedem estnischen Haushalt findet. Übersetzt heißt er so viel wie „Abenteuer von Land und Meer“. Dementsprechend sehen die Speisekarten aus wie Bücher, und an den Wänden hängen Weltkarten. Dazwischen ist es unheimlich gemütlich, und es gibt deftige Wintergerichte wie Grünkohl und Braten. Tartu maantee 44.
Bogapott: Das Café mit der integrierten Töpferei der Familie Bogatkin liegt in der Oberstadt und ist im Winter wirklich was Besonderes. Am warmen Ofen kann man dem Keramiker, dem Vater der Familie, bei der Arbeit zusehen oder im urigen Gewölbe heiße Suppe von selbstgemachtem Geschirr essen. Pikk jalg 9.
Kloostri Ait: Ein riesiger Kamin dominiert den Raum. Dazu serviert das historische Restaurant in der Altstadt estnisches, deftiges Essen mit viel Roter Bete, Schweinefleisch und Hering. Abends gibt es manchmal auch Konzerte und Lesungen, weil der Laden zum „Theatrum“-Theater gehört. Vene 14.
Entspannung in Sauna und Spa
Kalma-Sauna: Wer Luxus erwartet, ist hier ganz falsch: In der traditionellen Holzsauna in Kalamaja treffen sich seit ewigen Zeiten die einheimischen Männer zum Biertrinken. So sitzt man - nur mit einem Saunahut aus Filz bekleidet - zusammen und holt sich für 1,90 Euro eine Flasche oder bringt sein eigenes mit. In dem Jugendstilhaus gibt es auch eine Frauensauna und einen Hamam.
Vana Kalamja 9A, Eintritt 9 €.
Pürovel Spa im Swissôtel: Von der Sauna im Hotel-Wolkenkratzer kann man auf eine wunderbar lebendige Kreuzung mit Sowjetbauten, ratternden Straßenbahnen und hektischen Menschen im Schneematsch blicken, während man im Trocknen und Warmen sitzt. Vom Pool aus schaut man bis nach Finnland übers Meer, die Einrichtung mit viel Holz und warmen Farben ist geschmackvoll und die Massagen sind erstklassig. Dafür gibt es leider nur eine Sauna und ein Dampfbad.
Tornimäe 3, 7-22 Uhr, am Wochenende 9-21 Uhr. Ein Dayspa-Tag mit Mittagessen und Massage kostet 120 €.
SPA 18+ im Viimsi Spa: Zugegeben, es klingt ein wenig nach Erwachsenenunterhaltung, aber in diesem Wellnessbereich sind Kinder einfach aus erhohlungstechnischen Gründen nicht erlaubt. Die Inneneinrichtung ist stylisch dunkel gehalten und kommt ganz ohne griechische Säulen und Buddhas aus. Dafür gibt es ein Dampfbad im Leoparden-Look, eine Designer-Feuersauna, einen edlen türkischen Hamam und Whirlpools.
Randvere tee 11, Viimsi, 9.30-22 Uhr. 35 € für drei Stunden am Wochenende, unter der Woche günstiger.